LRS ist keine Grenze – heute freue ich mich, euch einen ganz besonderen Gastartikel vorzustellen. Birgit Lorz schreibt über ihre persönliche Reise mit Lese-Rechtschreib-Schwächen (LRS) und teilt ihre inspirierende Geschichte. Als Betroffene zeigt sie, wie man trotz Herausforderungen seinen Weg finden kann – und wie wichtig es ist, an sich zu glauben. Viel Spaß beim Lesen!
Was wird aus meinem Kind?
Diese Frage hat sich meine Mutter damals wohl häufig gestellt. Kaum ein Wort konnte ich richtig schreiben. D’s und T’s schienen für mich derselbe Buchstabe zu sein… und was der Unterschied zwischen M und N ist? Tja, darüber habe ich mir häufiger den Kopf zerbrochen.
Diktate kamen IMMER mit einer sechs zurück. Durchschnittlich 30 Fehler. Auf einer halben DIN4-Seite.
WARNUNG:
Dieser Artikel wird persönlich. Wenn das nichts für dich ist, verstehe ich das.
Das Stigma der Lese-Rechtschreib-Schwäche (LRS)
Okay, damals hieß LRS noch nicht LRS – Legasthenie (wie es damals hieß) hörte sich aber nicht besser an.
Meine Probleme mit der deutschen Sprache ließen sich nicht verheimlichen:
- Diktate kamen IMMER mit einer sechs zurück.
Durchschnittlich 30 Fehler. Auf einer halben DIN4-Seite. - Lesegeschwindigkeit: irgendwo im Zeitlupenbereich
- Leseverständnis: gleich null
Selbst als in der zweiten oder dritten Klasse alle meine Schulkameraden fließen lasen, stotterte ich noch herum. Versuchte – wie ein Erstklässler – die Buchstaben einzeln zusammenzuziehen. Wortbruchstücke statt ganze Sätze. Wie sollte ich da nur halbwegs verstehen, was ich las?
Wäre damals jemand da gewesen
Ich bin halt dumm! Ist halt so! Kann man nix machen!
Das dachte ich damals wirklich von mir. Klar, hat man mir gesagt, dass ich Legasthenie habe – war halt ein anderes Wort für dumm. Denn erklärt hat mir das damals niemand.
Die traurigen Augen meines Lehrers, wenn ich wieder rum stammelte – oder dass man beim Vorlesen einfach übergangen wurde (weil es ja vorwärtsgehen sollte), ist mir natürlich aufgefallen.
Mit mir geredet hat damals niemand.
Vielleicht hätte es etwas geändert?
Nein, nicht an meinem Leseverhalten – sondern eher an meinem Selbstvertrauen. Das war nämlich nach 9 Jahren Hauptschule unterirdisch.
Berufswahl mit LRS: Bloß weg vom Schreiben!?
Ich schaffte meinen Quali! Mathenote: 1,0 – die einzige in dem Jahr an der Schule. Über Deutsch reden wir lieber nicht.
Nach einem Jahr Berufsgrundschuljahr (weil mich damals keiner wollte), fand ich einen Ausbildungsplatz. Im Betrieb, in dem mein Vater arbeitete. Nichts anderes weit und breit! Dabei waren meine Noten (außer Deutsch) echt gut.
Aber damals gab es einfach viel zu viele junge Menschen für viel zu wenige Ausbildungsplätze. Da fielen solche “Problemschüler” wie ich gerne durch das Raster.
Dass ich den Beruf gar nicht lernen wollte, war nicht wichtig. Es war der einzige, den ich bekam. Was sollte ich denn machen?
Also lerne ich Bürokauffrau. Ja, Bürokauffrau mit LRS! Klasse Idee. Damals gab es weder PCs noch Rechtschreibprüfungen … nur meine “nette” Chefin. Die mir jeden meiner Fehler unter die Nase rieb.
Mein Selbstwertbewusstsein? Nicht mehr da.
Aber ich schaffte meine Ausbildung (Note 3) – und floh so schnell als nur möglich aus dem Betrieb. Keinen Tag länger wollte ich dort bleiben.
Bloggen mit LRS: Eine mutige Entscheidung
Lange Zeit machte ich einen Bogen um die deutsche Sprache. Ich arbeitete zwar weiter im Büro – aber lieber in Abteilungen, in denen Zahlen wichtig waren.
Irgendwann kam dann mein erstes Kind und mit ihm die Idee, von zu Hause aus zu arbeiten.
Doch was konnte man schon mit kleinem Kind tun? Zuerst habe ich es mit einem Online-Shop versucht. Der lief zwar recht gut – war aber nicht so meins. Schnell bemerkte ich, wie mich SEO und Bloggen faszinierten.
Denn schon als kleines Kind schrieb ich gerne (für mich ganz allein) Geschichten. Ja, mit tausenden Fehlern gespickt – aber so phantasievoll, wie es für so kleine Kinder nur möglich war.
Somit traute ich mich, was ich nie für möglich gehalten hätte. Ich, die die kaum einen Satz ohne Fehler zusammenbrachte, veröffentlichte ihren ersten eigenen Blog!
Bloggen als Therapie
Mit jedem Artikel lernte ich dazu. Meine Texte wurden besser, und mein Selbstbewusstsein wuchs. Noch heute lasse ich jeden Beitrag durch Rechtschreibprogramme laufen und zusätzlich von Freunden gegenlesen. Und ja, manchmal schleichen sich trotzdem Fehler ein. Aber ehrlich gesagt: Es stört mich nicht mehr.
Das Bloggen hat mir Türen geöffnet, von denen ich nicht einmal zu träumen gewagt hätte. Es hat mir gezeigt, dass ich etwas richtig gut kann: Menschen mit meinen Texten erreichen.
LRS ist keine Grenze
Nach über 20 Jahren Bloggen weiß ich: LRS mag für manche ein Hindernis sein, aber sie definiert nicht, wer du bist. Schreiben heißt nicht, perfekt zu sein – es heißt, Geschichten zu erzählen, Menschen zu berühren und Ideen zu teilen.
Jeder hat das Recht, sich auszudrücken. Ob mit LRS oder ohne: Deine Stimme zählt.
PS: Wer in diesem Artikel Fehler findet, darf sie gerne behalten. Fehler sind Teil meines Weges – und ich bin stolz darauf, wie weit ich damit gekommen bin. 😊
Über die Autorin
Birgit Lorz ist Expertin für WordPress, Bloggen und SEO in Unterfranken. Sie ist Bloggerin seit über 20 Jahren und das trotz, nein, mit LRS.
Möchtest du dein Kind auf seinem Weg unterstützen?
Wenn dein Kind ebenfalls mit LRS zu kämpfen hat und du dir Unterstützung wünschst, bin ich gerne für dich da. Gemeinsam finden wir Wege, wie dein Kind seine Stärken entfalten und selbstbewusst lernen kann.
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Ein Gedanke zu „LRS ist keine Grenze: Wie ich meinen Weg gefunden habe“